Wien/London, 9.4.2018 – Jeder der mich kennt weiß, dass ich eine besondere Beziehung zu London habe. Ich durfte 2 Jahre dort leben und arbeiten und besuche es regelmäßig. Im April 2018 war es wieder soweit, diesmal stand die in London stattfindende European Advertising Week (EAW), im Picturehouse Central, an.

Die Advertising Week ist keine reguläre Messe. Und das Picturehouse Central (könnte zentraler nicht sein – gleich beim Piccadilly Circus) kein regulärer Veranstaltungsort. Die EAW ist eine konzentrierte Anhäufung von Marketingverantwortlichen, CEOs, CTOs, Journalisten und Datengeeks, die in Form von Expertenpanels zu bestimmten Themen Ihre Weisheiten zum Besten geben. Und die Location ist im normalen Leben ein Kino mit 7 Sälen.

Insgesamt konnte man zwischen 235 Events, Vorträge, Workshops und Diskussionen an 4 Tagen (Mo-Do) wählen. Die Interessensgebiete reichten von Artificial Intelligence bis Video und waren in 18 verschiedene Gebiete unterteilt. Zu hören und sehen gab es also weit mehr als man Zeit zur Verfügung hatte. Ohne einen Schlachtplan für die 4 Tage war man auf verlorenem Posten.

 

Meine persönlichen Highlights der EAW:

„Zukunft der Agentur“

Generalist-Agenturen sind nicht mehr zeitgemäß. Marketing entwickelt sich ständig weiter, jede Maßnahme, jede Disziplin wir komplexer. Dadurch entsteht ein Bedarf für Spezialisten und die Notwendigkeit mehrere dieser Spezialagenturen in die Planung miteinzubeziehen. Entscheidungen müssen transparent gefällt werden und die Agenturen, wie die Marketing Abteilung des Kunden, müssen enger den je zusammen arbeiten.

Ein gutes Beispiel für tiefere Spezialisierung wäre zum Beispiel das Model von „refinery29“. Diese Agentur entstand um Ihre Zielgruppe und ist ausschließlich auf junge Frauen spezialisiert.

 

„Netzwerk Agenturen“

Ebenso spannend, vielleicht kein Highlight aber dennoch ein Muß, das Interview von CNNMoneys Nina dos Santos mit Sir Martin Sorrell (CEO WPP). Die großen Agenturnetzwerke stehen derzeit allesamt wegen fallender Aktienpreise stark unter Druck. Grund dafür, Top CMOs wie Marc Pritchard (P&G) oder Keith Weed (Unilever) bemängeln die fehlende Agilität und Kreativität der großen Agenturen und entziehen ihnen beträchtliche Budgetsummen.

Sir Martin und WPP arbeiten an einer Umstrukturierung, die Anforderungen für die Agenturen sind schnellere Reaktion, mehr Agilität, weniger Bürokratie und hierarchische Schichten, hin zur einer Werte-gesteuerten Agentur anstatt einer reinen Umsatz-gesteuerten – bin gespannt wie sie das hinbekommen.

 

„Unabhängigkeit“

5 unabhängige Agenturchefs erzählen auf der Bühne von Ihren Anfängen, wie sie Nächte lang an Pitches gearbeitet haben, mehr Geld in Kaffee und Bier investiert als in Essen und Kleidung. Sie vermitteln einem wie es sein soll – Kreativität ohne Ende. Den Erfolg des Kunden im Vordergrund, keine hohen Overheads, keine sündhaft teuren Innenstadtbüros. Sie sind mit Leib und Seele bei der Sache – schließlich geht es nicht selten ums Überleben. Sie leben ihre Werte und Philosophien, sind oft spezialisiert – folglich stehen sie derzeit voll im Trend. Sind sie das Modell der Zukunft?

 

„Transparenz“

Eines der Schlüsselworte bei der diesjährigen Konferenz. Auch in Bezug auf die angesprochenen Anregungen der beiden Top CMOs.

  • Was passiert genau mit meinem investierten Budget?
  • Wie wird es investiert?
  • Wieviel davon geht tatsächlich in meine Kommunikation?

Ich denke, das Thema Transparenz wird uns noch lange begleiten, wie die “Jahre von Mobile” oder “Daten sind das neue Öl“.

Am Ende blieben viele Ideen und Eindrücke. Wir (media4more) werden uns das eine oder andere Thema zu Herzen nehmen. Schließlich machen die neuen Trends und Agenturanforderungen nicht vor den Grenzen unserer Alpenrepublik halt.

Letztlich hieß es wieder Abschied nehmen. Die Zeit verging wie im Flug, Zeit für ein paar Einkäufe gab es freilich schon, auch ein abendlicher Ausflug mit einem lieben Freund aus vergangenen London-Tagen ging sich aus. Die Ausflüge sind zum Glück auch nicht mehr das, was sie mal waren. Der obligatorische Pub Besuch und nachher zum Inder was essen – nicht zu spät ins Hotel, denn der nächste Tag kommt bestimmt und in diesem Fall mit einem eng getakteten Konferenzplan.